Internationaler Flughafen Lagos, Nigeria (schlüsselfertig.jpg, Buch S. 307)/ 057_307
STRABAG

Die Hochbau- und Schlüsselfertigbau-Aktivitäten der STRABAG Bau-AG werden in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren vor allem durch den Bau weiterer Universitäten oder Universitätsgebäude ausgeweitet (Bielefeld, Münster, Dortmund, Göttingen, Darmstadt). Für das Universitätsklinikum Köln erstellt die STRABAG neben einem Gebäude für Forschung und Lehre ein Bettenhochhaus als konstruktiv herausforderndes „Hängehaus“, das als bislang einmalige Leistung in Fachkreisen höchste Anerkennung erfährt.

Neupositionierung der DEUTAG

Weniger spektakulär, aber dennoch bedeutend sind Entwicklungen in der Straßenbausparte. Die 1931 von der STRABAG als Baustofflieferant gegründete Tochtergesellschaft „Deutsche Teer- und Asphaltgesellschaft AG“ (DEUTAG) war nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst liquidiert, 1959 als Mischwerksniederlassung der STRABAG Bau-AG neu gegründet worden. Zusammen mit dem STRABAG-Mischwerk Duisburg ist die STRABAG Mitte der 1960er-Jahre mit 65 Werken und einer Jahreskapazität von rund 5 Millionen Tonnen der größte Mischgutproduzent in Deutschland. Dennoch ist die Marktsituation wegen zahlreicher Wettbewerber schwierig. Mit dem größten, der „Basalt Aktiengesellschaft“ in Linz am Rhein, dessen Mehrheitsaktionär Werhahn auch bedeutende Anteile an der STRABAG besitzt, geht man deshalb 1967 eine Gewinngemeinschaft ein. Sie mündet 1969 in einer Zusammenlegung der Mischwerke beider Firmen in der Deutag-Mischwerke GmbH & Co. KG mit Sitz in Köln und Niederlassungen in Duisburg, Osnabrück, Soest, Köln, Wiesbaden und Stuttgart. Der häufige Wechsel von Anteilseignern und Beteiligungen der DEUTAG wird sich indessen noch bis ins 21. Jahrhundert fortsetzen.

Vereinigte Aluminiumwerkewerke (VAW)

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In den 1970er-Jahren gehören auch Industriebauten und Kraftwerke zum Portfolio der STRABAG

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Fernheizkraftwerk Köln-Niehl

Der Straßenbau wird (fast) zur Nebensache

Parallel wird die STRABAG Bau-AG in weiteren Bereichen des konstruktiven Hochbaus tätig, etwa beim Bau von Industrieanlagen, Kohlekraftwerken oder Kongress- und Veranstaltungscentern. Das erste, das CCH, entsteht in Hamburg, bedeutend sind beispielsweise auch der Bau der Messehalle 14 in Köln oder des Internationalen Congress Centrum (ICC) in Berlin. Auch im Wohnungsbau, bei Brücken- und Dammbauten, dem Tunnel- und U-Bahnbau kann die STRABAG Bau-AG ab Mitte der 1960er-Jahre zahlreiche große Projekte akquirieren. Ein Jahrzehnt später, 1975, ist sie ein breit aufgestellter Baukonzern und hinter den Mitbewerbern Philipp Holzmann AG und der Hochtief AG der Drittgrößte in Deutschland. Innerhalb von zehn Jahren hat sich der Umsatz verdreifacht, und seit 1970 hat der Ingenieurbau den Straßenbau als größten Umsatzträger deutlich überholt.

Hafen von Lomé

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Der technisch herausfordernde Bau des Hafens von Lomé in Togo beschert der STRABAG viel internationales Renommee.

Weniger stürmisch verläuft zunächst die Entwicklung der internationalen Geschäftstätigkeit.
Mitte der 1950er-Jahre führt die STRABAG in Nigeria einen ersten Auftrag in Afrika durch, 1957 beteiligt man sich im Joint-Venture mit einer irakischen Baufirma an einem großen Straßenbauprojekt im Irak. Weitere folgen, unter anderem 1958 ein Los der Straße von Bagdad nach Kirkuk in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Stuttgarter Bauunternehmen ZÜBLIN. Als Folge der deutschen Entwicklungshilfe nimmt das internationale Geschäft in den 1960er-Jahren zu. Die STRABAG ist beteiligt am Bau des Euphratdamms, des Hafens Lomé in Togo, an Straßenbauarbeiten in Liberia, Kenia, Südwestafrika (heute Namibia), Madagaskar und Thailand sowie im Sultanat Oman, in Marokko baut sie eine Talsperre.

Dennoch bewegen sich die Umsätze im außereuropäischen Ausland bis Mitte der 1960er-Jahre im niedrigen zweistelligen Millionenbereich, um ab 1970 rasant anzuwachsen. Sämtliche Auslandsumsätze übersteigen 1975 mit 303 Millionen D-Mark erstmals die des Straßenbaus (256 Millionen.) Dazu tragen auch Großprojekte wie der Bau des damals größten Staudamms der Welt in Pakistan (fertiggestellt 1977), einer Autobahn und des internationalen Flughafens Lagos in Nigeria (Auftragssumme 135 Millionen D-Mark) oder die bituminöse Dichtung der Böschung an einem der größten Pumpspeicherwerke der Welt am Michigansee in den USA bei.

Straßen- und Brückenbau im Sultanat Oman

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Straßen- und Brückenbau im Sultanat Oman
Die „Buramistraße“ im Sultanat von Oman hat ein Bauvolumen von 100 Millionen D-Mark.

Das Auslandsgeschäft in der Krise

Ab Mitte der 1970er-Jahre steigt der Anteil der Auslandsumsätze von weniger als 10 Prozent kontinuierlich, 1982 beträgt er bereits 37 Prozent. Dies veranlasst den Aufsichtsrat der STRABAG Bau-AG, eine weitere Ausdehnung des internationalen Geschäftes anzustreben.

Gleichzeitig gerät aber das außereuropäische Engagement aus politischen Gründen in eine schwere Krise. Vor allem im damaligen Zaire und besonders dramatisch im Irak. Dort ist die STRABAG am Bau eines Flughafens in Basra beteiligt. Wegen des 1980 ausgebrochenen Krieges zwischen dem Irak und dem Iran leidet das Projekt unter zahlreichen Beeinträchtigungen, die zu Verzögerungen, Qualitätsmängeln und Zahlungsverzögerungen führen. Die Fertigstellung inklusive vieler Ausbesserungsarbeiten wird sich, auch wegen des zweiten Irakkrieges 1991, bis ins Jahr 2003 hinziehen.

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Der Bau des Flughafens im irakischen Basra erweist sich als „never-ending-story“.

Ab 1985 fährt die STRABAG ihr außereuropäisches Geschäft stark zurück, die Umsätze gehen von 1,1 Milliarden bis 1989 auf gerade einmal 42 Millionen D-Mark zurück. Sie können durch eine knapp 10-prozentige Steigerung im europäischen Ausland auf 424 Millionen D-Mark nur unzulänglich kompensiert werden. Das Unternehmen reagiert mit der Gründung der STRABAG International GmbH, um das außereuropäische Engagement künftig mit zentralisierten Strukturen wieder auszubauen. Noch ahnt niemand, dass sich bereits ein Jahr später im Osten Deutschlands und Europas unerwartet völlig neue Märkte öffnen werden.

Das Spektrum der Tätigkeitsfelder der STRABAG erweitert sich nach 1970 beträchtlich und umfasst Ende der 1980er-Jahre alle Bausparten.

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Schornsteine Kraftwerk Weisweiler
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Rheinbrücke Köln-Rodenkirchen
Rheinbrücke Köln-Rodenkirchen
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Offshore-Ölbohrplattform Troll
Offshore-Ölbohrplattform Troll
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Internationales Congress Centrum ICC

Die Situation der STRABAG ist im Ausland jetzt so, dass sie international anerkannt und somit auch bei großen Ausschreibungen zugelassen ist.

Albert Löhr
STRABAG-Vorstandsvorsitzender, 1967